Endlich Urlaub!!!
Das erste was dir in den Sinn kommt:
- Wo warten die größten Adrenalin-Kicks auf mich?
- Wo bekomme ich heute noch wirklich authentische Reiseerfahrungen?
- Welche Dinge und Orte muss ich unbedingt von meiner Bucket List streichen?
Zahlreiche Magazine, Bücher und Reiseblogs beschäftigen sich mit der Beantwortung dieser Fragen. Sie zeigen dir, wie man eine Reise organisiert, strukturiert und durchgeführt; sie liefern Tipps zur Wahl der optimalen Reisezeit, günstigten Reiseroute und vielem mehr.
Doch sind diese Fragen bezüglich der Erkundung der „äußeren“ Welt wirklich alle, die du dir stellen kannst und solltest?
Meine kürzlich absolvierte, 5-monatige Reise bot mir die Möglichkeit mich intensiv mit dieser Thematik auseinandersetzen. Was mich dabei total überraschte, war, dass meine bereicherndsten Erfahrungen aus Dingen resultierten, die den meisten Menschen anscheinend völlig fremd sind.
Auch konnte ich bezüglich meinen Strategien in Internet und Printmedien wenig bis keine Informationen finden. Daher habe ich meine besten 3 Tipps für Solo-Traveller zusammengetragen. Sie sind für Menschen gedacht, die sich auf ihrer Reise nicht nur mit der „äußeren“ Welt, sondern auch mit sich selbst beschäftigen wollen. Gewissermaßen geht es bei meinen Strategien also um die Erforschung der persönlichen, inneren Welt.
Der große Vorteil dabei: Für die Anwendung meiner Tipps spielt es weniger eine Rolle wie, wann, oder wohin du reist, sondern lediglich dass du aus deinem Alltagstrott ausbrichst und deinen Kopf frei hast.
1. Tipp für Solo-Traveller: Führe ein Gefühlstagebuch
The voyage of discovery is not in seeking new landscapes but in having new eyes.
– Marcel Proust
Viele Menschen, die ein Tagebuch führen, halten darin in der Regel den chronologischen Ablauf von Ereignissen fest. Dies ist zwar im Nachhinein auch interessant zu lesen und gibt im Moment des Schreibens die Möglichkeit, die Sache gedanklich „abzuschließen“. Doch viel wertvoller werden die Einträgen, wenn man dabei hauptsächlich über sein Inneres philosophiert.
Vorbereitung dieses Tipps
Im Prinzip ist alles was du brauchst ein analoges Notizbuch. Dieses musst du dir nicht einmal vor der Reise kaufen, sondern du kannst es dir direkt im bereisten Land besorgen. Letzteres hat den Vorteil, dass du bereits das Buch als Gegenstand emotional mehr mit deiner Reise verbinden wirst. Ich persönlich habe mir in Thailand ein schönes, schwarzes Tagebuch mit einem silbrigen Elefanten zugelegt. Dieses fungiert jetzt als perfektes Souvenir.
Konkrete Anwendung für Solo-Traveller
Berichte in deinen Einträgen also weniger über Orte, die du besucht hast oder über die Personen, die du kennengelernt hast, sondern fokussiere dich auf dein persönliches Innenleben. Gehe dazu gedanklich den Tag durch und stell dir nicht neben der Frage „was ist passiert?“ vor allem die Frage „wie habe ich mich gefühlt, als das passiert ist?“ Warum hat mich diese Person so wütend gemacht? Weshalb war mir bei dieser Situation so mulmig? Wieso hat mich jener Ort so sehr fasziniert? Gesucht sind deine Gefühle in speziellen Situationen.
Hintergrund / Warum ist das so?
An die wichtigsten Orte und Menschen deiner Reise wirst du dich ohnehin erinnern. Deine zahlreichen Bilder helfen dir, den genauen Ablauf deiner Reise wieder in Erinnerung zu rufen. Facebook ermöglicht dir mit Bekanntschaft in Kontakt zu bleiben.
Mehr Wert ziehst du daher aus Berichten über die genauen Gefühle die du in einer Situation hattest. Diese werden in deinem Gehirn nämlich nicht in deklarativer Form abgespeichert da Gefühle und Emotionen hauptsächlich ein Instrument für Feedback zum Hier und Jetzt sind. Du kannst bestimmten Gefühlslagen jedoch in deinem Gefühlstagebuch einfangen, solange sie noch „frisch“ sind. Später, wenn du das Tagebuch wieder einmal zur hand nimmst, kannst du sie dann distanzierter betrachten und unter Umständen sehr interessante Schlüsse daraus ziehen, die dir in der jeweiligen Situation entgangen sind. Dies kann das „Kennenlernen“ der eigenen Person fördern und bietet eine super Gelegenheit zur Reflektion und Reaktion.
Viele Menschen würden es gerne, doch nur wenige schaffen es tatsächlich ein Tagebuch zu führen. Auf einer dynamischen und chaotischen Reise ist die Aneignung einer solchen Routine daher sogar eher unrealistisch. Auch ich hatte auf meiner Reise keine festen Zeiten für das Tagebuchschreiben. Dadurch habe ich auch nicht für jeden Tag meiner Reise einen Eintrag. Falls du es also schaffst eine tägliche Routine zu etablieren, wäre das sicher von Vorteil. Geeignete Zeitpunkte sind beispielsweise im Bett direkt vor dem Einschlafen (anstatt am Handy rumzuhängen) oder morgens vor oder nach dem Zähneputzen, da dies unter Umständen die einzigen Konstanten auf deiner Reise sind. Im Endeffekt kommt es bei diesem Tipp aber auch mehr darauf an, dass du die für dich wichtigsten Erlebnisse protokollierst.
2. Tipp für Solo-Traveller: Triggere mit Musik schöne Erinnerungen
Music washes away from the soul the dust of everyday life.
– Berthold Auerbach
Du kennst es bestimmt: du hörst einen alten Song, der dich an vergangene Situationen, Orte oder Menschen erinnert und plötzlich kommen Gefühle in dir hoch. Es ist, als würde die Musik dich auf emotionaler Ebene zurück in die Vergangenheit katapultieren. Dieses Phänomen habe ich mir zunutze gemacht um bestimmte Erinnerungen bei Bedarf gezielt wieder wachzurufen.
Vorbereitung dieses Tipps
Dieser Tipp erfordert kaum Vorbereitung. Du benötigst lediglich Smartphone, Ohrhörer und Zugang zu einem Musikstreamingdienst. Zusätzlich erstellst du dir eine neue Playlist für das Land, welches du besuchen bzw. bereisen wirst.
Konkrete Anwendung für Solo-Traveller
Einheimische, die du kennenlernst, fragst du nach den besten Musikkünstlern ihres Landes (alternativ können auch andere Reisende oder Meister Google helfen). Die Songs dieser und ähnlicher Interpreten hörst du dir an; deine Lieblingstitel speicherst du in die Playlist. In passenden oder besonders schönen Momenten, etwa während einer Bus-, Zug-, oder Schiffsfahrt durch eine schöne Landschaft oder auch mal bei einer Wanderung durch den Dschungel, hörst du dir diese Songs wieder an. Am besten tust du das so oft wie möglich.
Hintergrund / Warum ist das so?
Die Playlist mit den Songs lokaler Künstler gibt dir beim Hören auf der Reise nicht nur Glücksgefühle, sondern vielleicht auch ein besseres Bild des Landes. Denn die Musik eines Interpreten trägt meist auch ein Stück Kultur, Geschichte und Emotionen in sich.
Der eigentliche Grund für meinen Tipp ist jedoch das, was nach der Reise passiert. Die Playlist ermöglicht dir, Erinnerungen inklusive der damit verbundenen Gefühlslage wieder aufleben zu lassen. Wenn ich bei einer Autofahrt meine Playlist aus Myanmar oder Thailand abspiele, überkommen mich pure Glücksgefühle und schöne Erinnerungen. Ich kenne keine andere Möglichkeit meine Stimmung so schnell auf Kommando anzuheben wie mit dieser „emotionalen Zeitmaschine“. Ein netter Nebeneffekt ist, dass Einheimische dich für dein Interesse an ihrer Musik regelrecht lieben werden.
3. Tipp für Solo-Traveller: Kombiniere Ehrfurcht mit Hintergrundmusik
All differences in this world are of degree, and not of kind, because oneness is the secret of everything.
– Swami Vivekananda
Bei meiner letzten Strategie geht es darum, sich voll und ganz auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Ehrfurcht einflößende Umgebungen und geführte Achtsamkeit mittels musikalischer Hintergrundmusik sollen Katalysator spielen und dir sogenannte Peak Experiences ermöglichen sowie letzlich das Gefühl von „Oneness“ in dir hervorzurugen; also zu fühlen, dass alles im Universum irgendwie zusammenhängt.
Vorbereitung dieses Tipps
Die Voraussetzungen sind hier die gleichen wie bei der 2. Strategie: Smartphone, Ohrhörer, Musikstreamingdienst. Zudem benötigst du eine Playlist mit rein instrumentellen Songs. Diese solltest du bereits vor der Reise anlegen, fortlaufend pflegen und offline auf deinem Gerät verfügbar machen. Besonders gut eignet sich Filmmusik von epischen Sagen und Geschichten. Letztlich gilt es hier aber für jeden persönlich herumzuexperimentieren. Hier meine Liste als Inspiration: Ubermind Soundtracks.
Konkrete Anwendung für Solo-Traveller
Für die Ausführung solltest du möglichst ungestört sein. Am besten eignen sich ruhige und menschenleere Plätze an Ehrfurcht gebietenden Orten in der Natur, etwa in den Bergen. Dann spielst du über deine Ohrhörer zum Ort passende Hintergrundmusik ab und versuchst für mehrere Minuten bewusst deine Umgebung wahrzunehmen. Konkret heißt das, dass du deinen Blick über die Konturen von Bergen, Wolken, Pflanzen schweifen lässt, Tiere beobachtest, Bäume berührst, den Wind auf deinem Gesicht spürst. Hör auf zu tun, hör auf zu denken, versuche lediglich mit voller Konzentration auf alle Details zu achten: jedes Blatt, jeden Grashalm, jede Wolke; alles ist gleich wichtig! Versuche lediglich zu existieren. Wie du sehen wirst, erfordert das reichlich Übung, da dich regelmäßig unerwünschte Gedanken beschleichen werden. Bleib ruhig hartnäckig, so geht es allen Menschen!
Hintergrund / Warum ist das so?
Oneness ist ein spirituelles Thema und daher sehr schwer zu begreifen und leicht als Hokuspokus abzutun. Mir selbst ging es nicht anders, bis ich es das erste Mal am eigenen Leib erfahren habe. „Oneness“ zu verspüren; das heißt, ein Verständnis dafür zu bekommen, dass man selbst kein „Teil“ eines großen Ganzen ist, sondern man selbst alles und alles auch man selbst ist; dass es in gewissermaßen keine „Teile“ gibt. Das lässt sich nicht in Worte fassen, sondern muss selbst erlebt werden, um es zu verstehen.
Eine Reise eignet sich hierfür perfekt, da man die eigenen, ablenkenden Sorgen und Gedanken meist zu Hause lässt und den Kopf frei für andere Dinge hat. Instrumentalmusik kann dir helfen alles Unerwünschte um dich herum auszublenden und in Flow zu gelangen. Sie soll dich in einem optimalen Grad stimulieren – genug, dass das bloße Betrachten nicht zu schnell langweilig wird, aber auch nicht zu viel, dass sie dich von der Umgebung ablenken würde. Damit kann sie Katalysator für deine Empfindungen spielen und dich dabei unterstützen voll im Hier und Jetzt zu sein. Das Gefühl der Ehrfurcht das man an bestimmten Orten verspürt an denen man sich „klein“ und hilflos fühlt ist nützlich, da man hier oft ganz ohne Zutun den Blickwinkel vom eigenen Ego auf größere, substanzielle Dinge richtet. Damit sind dann die Chancen groß, Zugang zu bisher unbekannten, maximal-euphorischen Empfindungen – Peak Experience – zu bekommen und letztlich auch „Oneness“ zu verspüren.
Fazit
Eine Reise kann dir viel Spielraum für deine persönliche Weiterentwicklung bieten. Als Alleinreisender wird man jedoch von vielen schief angeschaut. Viele packen daher Geschwister, (Groß-)Eltern oder sogar Fremde aus einem Reiseforum ein, nur um nicht alleine zu reisen. Dabei übersehen sie, dass man auch als Solo-Traveller Zugang zu wahnsinnig lohnenden Erfahrungen hat. Eine davon ist die Zeit und Freiheit für die Erkundung der eigenen, inneren Welt. Verzage als nicht, solltest du also mal keinen passenden Reisepartner finden. Meine 3 Tipps für Solo-Traveller sollen dir die Entscheidung erleichtern, das nächste mal alleine loszuziehen.
Hast du etwas Ähnliches schon einmal angewandt, oder ging es dir bisher hauptsächlich um Erfahrungen in der „äußeren“ Welt? Es würde mich sehr freuen von dir zu hören, egal ob in den Kommentaren oder per E-Mail 🙂
Ubersatire
[…] Oneness ist eine temporäre, veränderte Wahrnehmung der Welt; eines der mächtigsten Gefühle, das man überhaupt verspüren kann. Jedoch kennen es nur wenige und für die meisten ist Oneness ein sehr rares Erlebnis. Das Gefühl lässt sich nur sehr schwer in Wort fassen. In gewisser Weise fühlt man dabei eine Verbindung zu jedem Menschen und allen Objekten zur gleichen Zeit. Man realisiert, dass alles zusammengehört und voneinander abhängt. Oneness hat kein Ziel, es ist ein rundstahlendes Gefühl von Verständnis. Für manche tritt es auf wenn sie sich in einem Gebirge befinden, Ehrfurcht verspüren und sich plötzlich ganz klein fühlen. Andere erleben es, wenn sich beim Geschlechtsverkehr der eigene Körper mit dem des Liebespartnern förmlich zu vereinen scheint. Vielleicht verhelfen auch manche Drogen dazu. Persönlich habe ich es bisher nur im Urlaub verspüren dürfen als ich in der Natur unterwegs war. Ich habe mich hingesetzt und mich voll und ganz auf meine Umgebung konzentriert. Nebenher habe ich Filmmusik gehört. Ich werde definitiv noch in diesem Bereich experimentieren. Schließlich ist das der einzige Weg herauszufinden, wie ich öfter in diesen Gefühlszustand kommen kann. Update Juni 2018: Bei meiner 5-monatigen Reise durch Südostasien habe ich das Ganze weiter erforscht. In diesem Artikel sind meine Erkentnisse zusammengefasst: 3 originelle Reisetipps für Solo-Traveller. […]