Dürfte ich dir aus meinem Fundus an Produktivitätstechniken nur einen einzigen “Hack” offenbaren, so würde meine Wahl mit ziemlicher Sicherheit auf die Pomodoro-Technik 1 fallen.
Diese nach einer Tomate (pomodoro = ital. für Tomate) benannte Arbeitsmethode ist für mich aus dem Arbeitsalltag kaum mehr wegzudenken. Die „Tomaten-Technik“ ist mittlerweile sogar so sehr in mein Leben integriert, dass ich sie kaum mehr wahrnehme; sie erfüllt für mich daher das wahre Ziel einer Produktivitätstechnik: Sie führt zu einer Steigerung meiner Effizienz ohne dabei zusätzlichen Ballast mitzubringen!
Der Entwickler der Pomodoro-Technik sieht das genauso:
„Many time-management techniques fail because they add another level of complexity to the intrinsic complexity of the task at hand.”
– Francesco Cirillo, Autor von 'The Pomodoro Technique'
Kurz und knapp lässt sich die Pomodoro-Technik so zusammenfassen: Arbeite und plane in Arbeitseinheiten von 30 Minuten. Jede Einheit sollte dabei aus 25 Minuten konzentrierter und ablenkungsfreier Arbeit und 5 Minuten erholsamer Auszeit bestehen.
So unglaublich simpel sich das anhört, so mächtig ist das Konzept. Denn es ermöglicht die perfekte Symbiose zwischen Flow und erholsamen Pausen.
Warum braucht die Welt noch einen weiteren Artikel über die Pomodoro-Technik?
Die “Tomaten-Technik” ist alles andere als neu. Sie wurde bereits in den 90er-Jahren von einem italienischen Unternehmer namens Francesco Cirillo entwickelt und findet seit vielen Jahren große Verbreitung. Sie bekam auf lifehacker sogar die Auszeichnung zu einem der besten Produktivitätshacks aller Zeiten.
Warum also noch einen weiteren Artikel darüber veröffentlichen?
Nun ja, viele Autoren schreiben zwar über das grundsätzliche Konzept, wirkliche Schilderungen von persönlichen Erfahrungen findet man jedoch selten.
Seit ich die Methode vor knapp zwei Jahren für mich entdeckt habe, habe ich mehr als 2000 Pomodoros durchgeführt. Das sind umgerechnet über 800 Stunden fokussierter Arbeit. Ich habe sowohl mit der optimalen Länge der Pomodoros als auch mit der Gesamtanzahl der Pomodoros pro Tag experimentiert. Zudem habe ich das Originalbuch zur Pomodoro-Technik gelesen, alle möglichen Tätigkeiten im Pomodoro-Modus getestet und zusätzlich mit Konzentrationsmusik experimentiert.
Die Pomodoro-Technik ist damit wirklich eine der wenigen Methoden zur Produktivitätssteigerungen, die mich das komplette Studium über begleitet hat.
Die Pomodoro-Technik nach Francesco Cirillo
Neben den Konzepten von Simplizität (Einfachheit/Schlichtheit) und konzentriertem Arbeiten (Flow) basiert die originale Pomodoro-Technik vor allem darauf, ein anderes Verständnis für “Zeit” zu bekommen.
Das abstrakte Konzept der “Zeit”
Uns wird bereits in der frühen Kindheit die Uhr beigebracht. Damit lehrt man uns “Zeit” auf einer horizontalen Zeitachse zu interpretieren. Wir kommen entweder X Zeiteinheiten zu früh oder zu spät zu einem Treffen, eine Aufgabe braucht Y Zeiteinheiten länger oder kürzer als ursprünglich geplant. Es ist dieses Konzept, welches uns Angst vor der Zeit lehrt.
“Alles ist vergänglich”, “Ich bin unter Zeitdruck”, “Bin ich zu langsam?”, “Ich muss die Deadline einhalten”, “Wo ist die Zeit bloß hin?”.
Bevor Kinder das Konzept der Uhr verstehen, betrachten sie Zeit als eine Abfolge von Ereignissen: 1) Ich stehe auf -> 2) ich bekomme Frühstück -> 3) ich putze meine Zähne (oder bekomme sie geputzt) -> 4) ich werde in den Kindergarten gebracht… Das scheint einer der Gründe zu sein, warum Kinder nicht darüber nachdenken, weshalb die Zeit so schnell vergeht und Erwachsene denken die Uhr schlägt schneller mit jedem Jahr das vergeht.
Dieses Zeitverständnis von Kindern will die Pomodoro-Technik wiedererwecken. Sie will das Denken in Pomodoro-Einheiten lehren, Angst vor dem Verrinnen der Zeit nehmen und dir eine gesündere Wahrnehmung von “Zeit” ermöglichen. Das führt nicht nur zu mehr Konzentrationsfähigkeit während der Arbeit, sondern auch zu mehr Spaß und einer gewissen Gelassenheit im Arbeitsalltag.
Das sagt Cirillo dazu:
“The feeling of having the time to do things and not using it well is often incapacitating. Your mind starts wandering from the past to the future: “If only I’d done that research on the Internet yesterday, and if only I’d sent that email last week. How am I going to deliver the report by next week?” This provokesfeelings of guilt and creates anxiety-filled situations. The Pomodoro Technique allows you to keep your focus on the current Pomodoro or, once that’s done, on the next Pomodoro. Your attention is trained on the here and now, emphasizing the search for a concrete way to stimulate the value of continuity and carry outactivities in the most reasonable order.“
– Francesco Cirillo, Autor von 'The Pomodoro Technique'
Ich persönlich finde es viel erfüllender auf einen Tag zurückzublicken und zu sagen „heute habe ich X Pomodoros – und damit wirklich etwas geschafft“, anstatt „heute habe ich Y Stunden am Schreibtisch verbracht“.
Die fünf Phasen der Pomodoro-Technik
Die originale Pomodoro-Technik ist als komplettes Konstrukt zur alltäglichen Arbeitsplanung, -motivation, -bewältigung und -optimierung gedacht. Sie ist nicht nur der Wechsel zwischen Flow und Erholung.
Cirillo gliedert seine Technik in insgesamt 5 Phasen. Die wichtigsten Punkte sind hier zusammengefasst:
Phase 1: Die Planung der anstehenden Aktivitäten am Morgen
- Auf einer Aufgabenliste werden alle zukünftig anfallenden Aufgaben geführt (Cirillo rät auf Grund der Einfachheit zu Stift und Papier).
- Von der Aufgabenliste werden jeden Morgen Aufgaben mit einer Zeitschätzung und Priorisierung auf eine separate Tagesliste übernommen.
- Die Tagesliste ist Begleiter, Anhaltspunkt und Motivator durch den Tag.
Phase 2: Die Pomodoro-Sessions und deren Protokollierung
- Ein Pomodoro ist die atomare und fixe Zeiteinheit von traditionell 30 Minuten (25+5); er kann nicht “zerstückelt” werden.
- Zur Zeitmessung wird zu einer Eieruhr aus der Küche geraten.
- Die verstrichene und verbleibende Zeit eines aktuellen Pomodoro sollte während der Arbeit immer gut sichtbar sein.
- Ein Pomodoro zielt auf die Abarbeitung genau einer Aufgabe der Tagesliste ab.
- Für jeden Pomodoro der für eine Aufgabe aufgewandt wurde, bekommt diese ein X auf der Tagesliste.
- Sollte eine Aufgabe geschätzt mehr als 5–7 Pomodoros erfordern, sollte diese in Unteraufgaben herunter gebrochen werden. Kleine Schritte motivieren mehr und wirken der Prokrastination entgegen.
- Ist eine Aufgabe erledigt, wird sie säuberlich von der Tagesliste gestrichen. Das Wegstreichen liefert eine „mentale Minibefriedigung“.
- Sollte man während eines Pomodoros unterbrochen werden, so ist dieser als ungültig anzusehen und muss von vorne begonnen werden.
- Sollte man eine Aufgabe vor Ablauf der Zeit beenden, darf weder die nächste Aufgabe begonnen, noch der aktuelle Pomodoro frühzeitig beendet werden. Stattdessen sollte die Zeit für Overlearning genutzt werden.
- Die 5-minütigen Pausen dienen der Erholung. Sie sollten nicht dazu verwenden werden E-Mails zu schreiben, mit Kollege über die Arbeit zu reden oder wichtige Telefonate zu führen.
- Alle vier Pomodoros wird eine längere Pause von 15–30 Minuten eingelegt. Auch hier sind keine mental fordernden Aufgaben angedacht.
Phase 3: Protokollierung am Abend
- Alle Aufgaben die von der Tagesliste gestrichen wurden (d.h. komplett und erfolgreich abgearbeitet wurden) werden auch von der Aufgabenliste gestrichen.
- Die jeweilige Tagesliste wandert in ein Archiv (physikalisch oder digital).
- Die ungefähren Zeiträume der Pomodoros muss man nicht mitprotokollieren, sondern kann man am Abend errechnen (etwas Denksport 😉).
Phase 4 und 5: Die Evaluierung und Visualisierung der gewonnen Erkenntnisse am Abend
- Am Ende jeden Tages solltest du deine Protokolle evaluieren und Erkenntnisse daraus gewinnen. Das dient dazu die eigene Arbeitsweise in kleinen Schritten zu optimieren.
- Nutze jegliche Art von gewinnbringender Visualisierung um deine persönlichen Ziele mit der Technik zu erreichen.
Das persönliche Tailoring
“The aim of the Pomodoro Technique is to provide a simple tool/process for improving productivity“
– Francesco Cirillo, Autor von 'The Pomodoro Technique'
Die Pomodoro-Technik soll deinen Arbeitstag auf eine möglichst einfache und strukturierte Weise optimieren. Ob du sie wirklich in voller Form einsetzt, bleibt dir überlassen. Ziel ist es möglichst wenig zusätzliche Komplexität zu schaffen. Ich rate dir deshalb, das ganze System so gut wie möglich auf deinen aktuellen Arbeitsstil zuzuschneiden, dabei aber möglichst viel der aufgeführten Punkte aus dem vorherigen Abschnitt zu erfüllen!
Mein persönliches Tailoring sieht zum Beispiel wie folgt aus:
Phase 1: Die Aufgaben- und Tagesliste führe ich statt auf Papier in meinem Taskmanager. Falls du keinen Taskmanager benutzt oder von Technologie und dem Internet sehr leicht abgelenkt wirst, rate ich dir stattdessen “The Rule of 3” anzuwenden.
Phase 2: Statt einer Eieruhr verwende ich eine Software, die für iPhone und Mac OS X verfügbar ist. Das tue ich aber nur, da das Tool für mich leicht zu bedienen ist und keine weitere Komplexität in mein „System“ einführt. Ich habe sogar eine Taste auf meiner Tastatur definiert, die einen neuen Pomodoro-Timer startet. So gerät die Software komplett in den Hintergrund. Falls du dich zu leicht von Smartphone und Internet ablenken lässt, rate ich dir zu einer ähnlich unscheinbaren und latenten Software oder – noch besser – einer wirklichen Eieruhr. Das Ticken der Eieruhr habe ich in meinem Fall mit Konzentrationsmusik ersetzt.
Phase 3: Die Protokollierung der Anzahl der Pomodoros macht meine Software automatisch für mich. Ich habe mir hier ein Tagespensum von 8 Pomodoros definiert.
Phase 4 und 5: Die Evaluierung und Visualisierung führe ich nur rudimentär durch; ebenfalls mit meinem Pomodoro-Tool. Hier ein paar Beispiele von Klausurvorbereitungen:
Mein Experiment – Wie viele Tomaten tun mir gut?
Wenn man solch eine mächtige Methode für sich entdeckt, stellt sich für einen Produktivitätsfreak wie mich natürlich sofort die Frage, wie weit man es damit treiben kann.
Schon ein oder zwei Einheiten pro Tag können sich als sehr gewinnbringend herausstellen, wenn man zuvor ohne Pausen gearbeitet hat. Jedoch ist die Fragestellung viel interessanter, ob es auch eine maximale Anzahl an sinnvollen Pomodoros gibt.
Sind 10, 15 oder sogar 20 Einheiten am Tag möglich?
20 Pomodoros nach der originalen Methode würde bedeuten, etwas mehr als acht Stunden an einem Tag im Flow zu verbringen; im Optimalfall über einen Zeitraum von nur zwölf Stunden. Rein rechnerisch wäre das theoretisch für einen Workaholic denkbar, der komplett ungestört von zu Hause aus arbeitet.
Mein Experiment war daher der Ausgangslage eines Freelance-Workaholic nachempfunden: Ich habe mich fünf Tage lang in meine Wohnung “eingesperrt” um an einer mental fordernden Aufgabe zu arbeiten.
Jedem der Tage habe ich zudem ein bestimmtes Motto gegeben um diverse Parameter und deren Auswirkung auf meine Produktivität zu evaluieren. Ich wollte herausfinden, zu wie vielen Sessions ich an einem Tag maximal in der Lage bin und wie viele Sessions pro Tag für mich wirklich sinnvoll sind.
Hier mein Tagebuch dazu:
Tag 1: Früher aufstehen – 11 Pomodoros
- Der Sinn des heutigen Tages ist herauszufinden, ob ich produktiver werde (= mehr Pomodoros schaffe) wenn ich bereits um 4:30 Uhr aufstehe, dafür aber einen 90 Minuten Mittagsschlaf einlege. Das Aufstehen um diese Zeit war unglaublich schwer (einmal Snooze Button -__-)
- Ich stehe also um 4:39 Uhr auf – Ich beginne meinen Arbeitstag um 5:50 Uhr
- Ich schalte mein Handy in den Airplane Mode um mich vor Ablenkungen zu schützen
- Die ersten 5 Pomodoros liefen sehr effizient – Zeitraum von 2,5 Stunden (optimal!)
- Der Umbruch kommt vormittags, als ich beginne mein iPhone in den Pausen aus dem Airplain Mode zu holen um Social Media zu checken (-> weniger erholsame Pausen)
- Weitere 3 Pomodoros laufen weniger effizient auf einen Zeitraum von 2 Stunden
- Mittagessen gegen 12 Uhr.
- 90 Minuten Mittagsschlaf: Ich brauche knapp 20 Minuten um einzuschlafen, der Wecker reißt mich unsanft um 14 Uhr aus dem Schlaf, ich komme nicht aus dem Bett und schlafe weiter bis 16 Uhr.
- Nach dem Schlaf fühle ich mich so platt wie morgens um 4:30 Uhr
- Die letzten 3 Pomodoros über einen Zeitraum von 3 Stunden durchgeführt (sehr ineffizient, hätte ich mir wohl sparen können)
- Um 20 Uhr dann richtig müde geworden und Arbeitstag beendet
- Fazit: Die Umstellung der Schlafgewohnheiten ist nicht von heute auf morgen möglich. In den ersten 4 Stunden des Tages bin ich deutlich produktiver. 5:50 ist zu früh!
Tag 2: Ausschlafen – 7 Pomodoros
- Heute will ich das Gegenteil testen: Bin ich produktiver, wenn ich ausschlafe?
- Ich stehe gemütlich um 10 Uhr auf, checke leider schon das erste Mal Social Media beim Frühstück. Das hat Auswirkungen auf den kompletten Tag!
- Meine Pomodoros starten um 11:30 Uhr
- Die ersten vier Pomodoros schaffe ich über einen Zeitraum von 2,5 Stunden, jedoch fühle ich mich nicht perfekt im Flow (sind das Auswirkungen vom gestrigen Tag?)
- Pomodoros 5–7 laufen flüssiger. Zwar über einem Zeitraum von 3 Stunden, da ich eine Sporteinheit zur Auflockerung einschiebe, jedoch fühle ich mich wohl und sehr produktiv dabei.
- Ich mache die Erkenntnis, dass ich alle 3–4 Pomodoros die Konzentrationsmusik ändern sollte (Focus@Will liefert mir einmal wieder gute Dienste ;))
- Ab 8 Uhr stellt sich bei mir wir fast jeden Tag das “Ende des Tages”-Gefühl ein. Ich höre also nach dem 7. Pomodoro auf.
- Fazit: Ausschlafen ist deutlich angenehmer, allerdings war ich weniger produktiv, da der spätere Arbeitsbeginn bei mir nicht automatisch auch das Arbeitsende nach hinten verschiebt. 11:30 ist zu spät!
Tag 3: Der Koffein-Junky – 17 Pomodoros
- Der heutige Tag soll zeigen, ob mich Koffein wirklich produktiver macht. Hierbei geht es mir nicht darum eine gesunde Arbeitsweise zu finden, sondern einen neuen Rekord in der Anzahl der Pomodoro-Sessions aufzustellen
- Um 9 Uhr stehe ich auf – Um 9:40 beginne ich den Arbeitstag
- Unglaublich. Es funktioniert: Über einen Zeitraum von 14 Stunden schaffe ich ganze 17 Pomodoros. Neue Bestleistung!
- Insgesamt habe dafür 3 Kaffes (etwa jede Stunde zwiscehn 10–12 Uhr) und 2 Red Bull Energy Drinks (um 4 Uhr und 6 Uhr) getrunken.
- Ein Glas Wasser in jeder Pause war sehr hilfreich konzentriert zu bleiben!
- Ein Power Nap von 25 Minuten gab mir nach dem Mittagessen neue Energie (Memo an mich selbst: 25 Minuten Power Nap funktionieren, 120 Minuten richtiger Schlaf nicht!)
- Der Tradeoff war ein Arbeitstag von 10 Uhr – 24 Uhr.
- Die eingelegten Pausen dienten zwar der Erholung, Freizeit hatte ich an diesem Tag jedoch keine!
- Der Tag endet um 23:43 Uhr als ich müde werde.
Tag 4: Kann ich 20 schaffen? – 9 Pomodoros
- Heute will ich 20 Sessions schaffen, doch der vorherige Tag scheint seine Spuren hinterlassen zu haben.
- So musste ich logischerweise später beginnen, da ich später ins Bett gegangen bin
- Arbeitstag beginnt heute sogar erst um 11 Uhr
- Der vorherige Tag liegt mir in den Knochen
- 9 Pomodoros über einen Zeitraum von 13 Stunden waren heute sehr harte Arbeit. Ich musste mich dazu zwingen.
- Fazit: Genügend Koffein kann dich pushen, ist aber weder gesund noch langfristig tragbar. Die Idee eines Schemas “Power Tag -> Ruhe Tag -> Power Tag” kommt auf.
Tag 5: Der Normalo-Tag – 3 Pomodoros
- Heute will ich weder an meinen Schlafzeiten herumspielen, noch mich mit Koffein vollpumpen.
- Heute habe ich mit 3 Pomodoros komplett “versagt”.
- Vermutlich hätte ich mich an Tag 4 von Tag 3 erholen sollen, stattdessen bin ich jetzt selbst an Tag 5 davon betroffen.
- Meine Energie und Willenskraft sind nach 5 Pomodoros wohl komplett aufgebraucht.
- Fazit: Dein Körper braucht Erholung und vergibt dir nicht. Wenn du es zu weit treibst, holt sich der Köper was er braucht, z.B. Schlaf und Ruhe.
Das Experiment endet mit einem Hoch von 17 Pomodoros.
Die wertvollsten Erkenntnisse aus über 2000 Pomodoros
Meine Experimente und die damit gewonnene Erfahrung mit der Pomodoro-Technik haben zu zahlreichen, interessanten Erkenntnissen geführt, die ich an dieser Stelle das erste Mal öffentlich teile:
1) Die optimale Anzahl an intensiven Pomodoros
Die optimale bzw. sinnvolle Anzahl von Pomodoro-Sessions definiere ich wie folgt:
Die optimale Anzahl an intensiven Pomodoro-Einheiten ist jene, die du langfristig und konstant 6 Tage pro Woche durchführen kannst. Dabei ist wichtig, dass du dich nicht ausgelaugt fühlst und nicht gezwungen bist übermäßig viel Koffein, Schokolade oder anderer Genussmittel zu dir zu nehmen.
Mit anderen Worten: Es ist die Anzahl, die deine Produktivität auf gesunde Art und Weise steigert. Mit intensiv meine ich, dass eine mental zumindest mäßig fordernde Aufgabe durchgeführt wird.
Für mich hat sich herausgestellt, dass diese Anzahl wohl irgendwo zwischen 4 und 8 Sessions liegen muss. Alles bis zu 4 Sessions dürfte für die meisten Menschen kein Problem darstellen. Diese Zahl kann meist bereits vor dem Mittagessen erreicht werden.
Nach der ersten längeren Pause von 15–30 Minuten erneut eine Viererkette mit gleicher Produktivität zu bewältigen, scheint mir deutlich schwieriger zu sein. Für mich gab es hier zwei Möglichkeiten, die ziemlich zuverlässig funktioniert haben:
- Entweder ich habe die zweite Viererkette ebenfalls bereits vor dem Mittagessen beendet (was voraussetzt, dass der Arbeitstag früh beginnt)
- Oder ich habe die längere Pause auf eine ganze Stunde ausgedehnt (etwa zweites Frühstück plus Power Nap oder eine längere Sporteinheit).
Natürlich muss man sich nicht zwanghaft an die „Viererketten“ halten. Man kann auch in Dreier- oder Fünferketten arbeiten oder diese beliebig kombinieren (etwa morgens eine Vierer- plus eine Dreierkette).
Bei einer Überschreitung von 8 Sessions am Tag fühle ich mich in den meisten Fällen ziemlich ausgelaugt. Auch mein Experiment hat gezeigt, dass mehr als 8 Sessions für mich selten sinnvoll sind und Auswirkungen auf die nachfolgenden Tage haben. Es wäre daher anzuraten, nach 8 Pomodoros (optimalerweise in zwei Viererketten) “normal” weiterzuarbeiten, falls das Tagessoll noch nicht erreicht ist.
Letztlich gilt jedoch: Du musst für dich selbst herausfinden, welches deine optimale Pomodoro-Zahl ist. Vermutlich werden Anfänger eher bei 4 und langjährige Pomodoro-Praktizierer vielleicht sogar bei deutlich über 8 liegen.
Es ist sicher auch eine sinnvolle Strategie nur am Morgen in Pomodoro-Einheiten zu arbeiten und nachmittags andere Arbeiten zu erledigen, für die Pomodoros weniger geeignet sind.
Letztlich hängt es auch von der Arbeitsumgebung ab, wie viele Pomodoros möglich sind. Schaffe deshalb am besten möglichst eine unterbrechungsfreie Umgebung und informiere Leute um dich herum, dass du während der Pomodoros nicht gestört werden möchtest.
2) Für welche Tätigkeiten sollte ich Pomodoros einsetzen?
Die Anzahl der Pomodoros hängt auch stark mit der Art der Tätigkeit – vor allem deren mentale Anforderung – zusammen.
Francesco Cirillo predigt, jegliche Art von Aufgaben in Pomodoros abzuarbeiten. Das schließt organisatorische Dinge, wie das Abarbeiten von Emails oder den Schreibtisch aufzuräumen, ein.
Ich selbst habe das lange Zeit auch so praktiziert, jedoch dann festgestellt, dass es ein paar wenige Dinge gibt, in denen mich Pomodoros einschränken:
- Das Lesen eines einfachen Buches
- Aufräumarbeiten (diese dienen mir perfekt als Pausenbeschäftigung)
- Generell Freizeitaktivitäten, die nicht mit Arbeit assoziiert werden sollen (hierzu rät auch Cirillo)
Finde heraus, für welche Tätigkeiten dir Pomodoros am meisten Mehrwert bringen und verwende dein persönliches Tagespensum an sinnvollen Pomodoros darauf. Das wird deine Produktivität verdoppeln oder verdreifachen! Alle anderen, lästigen Routinearbeiten kannst du auch außerhalb von Pomodoros erledigen.
3) Die optimale Länge eines Pomodoros
Die optimale Anzahl an Pomodoros hängt neben der Tätigkeit auch von der Dauer eines Pomodoro ab. Die traditionellen 25 Minuten müssen keineswegs eingehalten werden. So kann man seine Einheiten genauso auf 15 oder 50 Minuten festlegen.
Ich persönlich habe für mich zwei Intervalle gefunden:
25+5 (25-minütige Arbeitssessions plus 5-minütige Pausen) sind optimal, wenn ich komplexen Tätigkeiten wie Mathematikaufgaben oder der Programmierung nachgehe. Da sich für mich kein großer Unterschied zu 20+5 oder 30+5 ergibt, nutze ich 25+5, da man besser damit rechnen und planen kann.
50+10 Pomodoros verwende ich für langwierige, aber mental weniger fordernde Tätigkeiten, wie etwa das Lesen und Zusammenfassen von langen Texten. Allerdings muss ich bei 50+10 mehr aufpassen: Während ich morgens 4 Sessions mit 25+5 fast immer souverän durchführen kann, sind für mich in den meisten Fällen zwei Sessions á 50+10 deutlich anstrengender und schwerer umzusetzen.
Auch hier gilt: Du musst für dich selbst herausfinden, welches deine optimale Pomodoro-Dauer ist. Für Anfänger stellen die konzentrierten Arbeitseinheiten mitunter eine große Herausforderung dar. Daher kann es unter Umständen Sinn machen, mit 10-minütigen Arbeitseinheiten zu beginnen.
4) Die optimale Pomodoro-Pause
Pausen sind unglaublich wichtig. Auch wenn es sich anfangs komisch anfühlt, so viel mehr Pausen einzulegen, sollte man sich strikt daran halten.
The break is the most important structural element of the Pomodoro Technique. Breaks allow you to step away for a moment, recognize fatigue, and decide whether or not to stop or continue. By taking a break you will begin the next Pomodoro with greater clarity and willingness to work. Breaks make us moreproductive. And they don’t involve any work.
– Francesco Cirillo, Autor von 'The Pomodoro Technique'
Über die optimalen Pausen habe ich hier bereits ausführlich geschrieben. Meine wichtigsten Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Pomodoro Technik nochmal kurz zusammengefasst:
- Steh auf, gehe ein paar Schritte, trinke ein Glas Wasser, strecke dich
- Meide Social Media! Es passiert sonst zu leicht, dass du deine Pausen verschwendest oder unnötig in die Länge ziehst. Die beste Taktik hierfür ist das Smartphone wegzusperren oder es für eine komplette Viererkette in den Flugmodus zu schalten.
- Achte darauf, dass deine Pausen nicht zu lange dauern. Der Pomodoro-Timer von 5 Minuten sollte auch in den Pausen laufen.
- Belohne dich in den Pausen! Gönne dir ein Rippchen Schokolade oder ein Schluck deines Lieblingsgetränks; vor allem wenn du Pomodoro-Novize bist. In gewisser Weise konditionierst du dich damit selbst: Wenn ich einen Pomodoro schaffe, gibt es eine Belohnung. Das motiviert dich langfristig!
- Wenn man viel “in the zone” arbeitet, verliert man oft das Zeitgefühl. Teilweise ist es verlockend, sich jede Pause einen Kaffee zu holen. Bei 25+5 würde jede Pause aber 4 Kaffees alle 2 Stunden bedeuten. Greif daher lieber öfter zum Glas Wasser.
- Versuche in den langen Pausen möglichst viel Energie zu tanken. Ich erreiche die größten Energieschübe mit Power Naps, Sport (vor allem Laufen) und kalten Duschen. Finde etwas, dass deine Energiespeicher wieder komplett auffüllt. Das können auch Konversationen oder das Spielen eines Instrumentes sein. Dehne die langen Pausen ruhig aus, bis du dich wieder voll erholt für die nächsten Sessions fühlst.
- Kurze Pausen zwischen Pomodoros sollten nicht länger als 10 Minuten ausfallen, da sonst die Gefahr besteht, den Rhythmus zwischen den Einheiten zu unterbrechen.
5) Die wichtigsten Vorkehrungen als Pomodoro-Worker
Wie immer ist Vorbereitung das halbe Leben:
- Habe immer einen Pomodoro parat. Lade dir eine Smartphone-App oder eine Software für deinen Rechner herunter. Es gibt sehr viele davon!
- Um deine optimale Anzahl an Pomodoros zu erreichen, beginne deinen Arbeitstag etwas früher als sonst. Da du deinen Arbeitstag nach der optimalen Anzahl an Pomodoro-Sessions beenden kannst, bedeutet das nämlich, dass du früher Feierabend machen kannst 😉
- Für Arbeiten am Rechner, die kein Internet erfordern, kannst du einfach deinen Router abschalten.
- Alle Ablenker – alles was Geräusche von sich gibt oder blinken kann, wie etwa das E-mail-Programm – ausschalten!
- Falls du von zu Hause aus arbeitest, ziehe dich so an, als wärst du an der Uni / bei der Arbeit. Das heißt: Jeans statt Jogginghose. So erscheint die Couch oder das Bett weniger verlockend!
- Schaffe die richtige Umgebung: Mache dein Bett morgens und halte deinen Arbeitsplatz möglichst ordentlich und sauber.
- Versuche dir anzugewöhnen, vor 12 Uhr komplett auf Social Media, E-Mails und Instant Messaging zu verzichten. Das liefert dir die beste Grundlage, bereits vor Mittag deinen ersten 4er Block oder noch mehr Pomodoro-Sessions abzuschließen.
Uberstrategie - Mache jetzt deinen ersten Schritt
Für mich ist die Pomodoro-Technik nicht mehr aus dem Leben wegzudenken. Sie funktioniert wirklich! Ich ermutige dich daher, ihr eine Chance zu geben und jetzt gleich folgende Dinge zu unternehmen:
- Hol dir die Eieruhr aus der Küche und platziere sie an deinem Arbeitsplatz (Alternativ lade dir Be Focused oder eine äquivalenten Software herunter).
- Lege dir ein weißes Blatt Papier und einen Stift bereit.
- Notiere eine einzelne, kurze Aufgabe auf dem Papier, die du heute noch zu erledigen hast (sie sollte etwa 20–30 Minuten dauern).
- Schalte alle nicht benötigten Störquellen wie z.B. das Smartphone aus.
- Stelle deinen Pomodoro-Timer auf 10 Minuten und versuche so konzentriert wie möglich an der Aufgabe zu arbeiten, bis das Klingeln ertönt. Schreibe ein “X” hinter die Aufgabe und mach 2-3 Minuten Pause. Am besten schaust du einfach nur aus dem Fenster und lässt deinen Gedanken wandern.
- Wiederhole Schritt 5 bis die Aufgabe erledigt ist.
- Streiche die Aufgabe durch und fühle dich gut dabei! Grinse! 😀
- Hinterlasse unten einen Kommentar mit deiner Erfahrung, die du dabei gemacht hast.
- Schreibe jetzt die drei wichtigsten Aufgaben für den nächsten Tag auf und versuche dich morgen an deren Abarbeitung in Pomodoro-Sessions (experimentiere, ob du auch schon 25-minütige Einheiten hinbekommst).
- Werde über die Zeit zum Pomodoro-Meister und verdopple deine Produktivität!
[…] die Einführung eines simplen Produktivitätssystems, und das Austarieren deiner persönlichen Pomodoro-Zeit. Falls du dich derzeit komplett ungeordnet und unproduktiv fühlst, solltest du dich jedoch […]