Bevor ich diese Zeile geschrieben habe, hat es mich erwischt.
Ich habe das Schreiben dieses Artikels aufgeschoben.
Ich hatte vergessen meinen Browser zu schließen und so haben mich die offenen Fenster im Hintergrund angelächelt und dazu verleitet zu “prokrastinieren”.
Prokrastination (“Aufschieberitis”) ist die Kluft zwischen Intention und wirklichem Handeln. Und wie ihr seht, bleibt keiner davon verschont.
Jeder von uns kennt es; jeder von uns macht es.
“Across scores of surveys, about 95 percent of people admit to procrastinating” (the other 5% are lying)
– Chris Bailey, The Productivity Project
Eine enorme Zeitverschwendung, wenn wir bedenken, dass wir beim Aufschieben meist nicht unseren Hobbies, sondern wenig sinnvollen Dingen wie Facebook oder E-Mails nachgehen.
Mein Vorschlag: Streiche „Aufschieberei“ so weit wie möglich aus deinem Alltag, werde früher mit deinen Aufgaben fertig und genieße lieber einen frühen Feierabend!
In diesem Artikel zeige ich dir drei einfache und funktionierende Techniken, die dir genau dabei helfen.
Dieser Beitrag ist Teil der Artikelserie „Einfach produktiver werden“ und wurde durch das Buch The Productivity Project 1 inspiriert. Diese Artikelserie behandelt die Quintessenz aus dem Buch:
- Mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Leben haben
- Welche Produktivitätssteigerungen völliger Schwachsinn sind
- So nutzt du deinen Biorhythmus strategisch
- Warum Planung dich zwangsläufig erfolgreicher macht!
- 3 Techniken um Aufschieberitis effektiv zu bekämpfen
Prokrastination: Warum wir Dinge aufschieben
Stell dir kurz vor, du stehst vor folgender Entscheidung:
Vorbereitung auf die Mathematikklausur
vs.
Nur eine ganz kurze Folge Game Of Thrones 2 auf Netflix
Warum fällt uns die “richtige” Entscheidung in solch einer Situation oft so schwer?
Die Antwort findet sich in der Funktionsweise unseres Gehirns.
Bei jeglicher Entscheidung, die wir treffen – ob bewusst oder unbewusst“ – trägt sich ein Kampf zwischen David (dem kleinen Reiter) und Goliath (dem großen Elefant) in unserem Gehirn zu. Jedes Mal wenn David verliert, prokrastinieren wir. Wir ”geben uns hin, um uns jetzt sofort gut zu fühlen”.
Die sechs Prokrastinationsauslöser – Was Aufgaben unattraktiv macht
Die “Unattrakivität” einer Aufgabe lässt sich vor allem auf folgenden sechs Eigenschaften zurückführen:
- Als wie langweilig sie empfunden wird
- Wie viel Frustrationspotential sie birgt
- Wie schwer sie erscheint
- Wie unstrukturiert, unklar oder mehrdeutig sie ist
- Wie wenig persönliche Bedeutung sie hat
- Fehlende, intrinsische Belohnung (kein Spaß, wenig fesselnd)
Je mehr dieser Eigenschaften wir einer Aufgabe zuschreiben, desto wahrscheinlicher prokrastinieren wir diese. Um unattraktiv zu erscheinen, reicht es sogar, dass wir denken, dass eine Aufgabe diese Eigenschaften besitzt; auch wenn das vielleicht gar nicht stimmt.
Die Erfolgschancen von Goliath sind ohnehin bereits deutlich höher als die von David. Sie werden durch diese Prokrastinationsauslöser jedoch noch einmal deutlich erhöht!
Aufschieberitis & Produktivität – Der Zusammenhang
The simple reality: the more valuable your work, the more aversive it will be.
– Chris Bailey, The Productivity Project
Um produktiver zu werden, müssen wir unsere High Impact Tasks in Angriff nehmen.
Das große Problem dabei ist nur, dass die Aufgaben, die uns letztlich am produktivsten machen, meistens auch die “aversivsten” sind.
Das bedeutet, dass sie…
- …fast immer mehr Zeit, Aufmerksamkeit und Energie erfordern als all die unwichtigen/unproduktiven Aufgaben.
- …mehr der sechs Prokrastinationsauslöser mit sich bringen.
- …gerade aus dem Grund wertvoller und bedeutungsvoller sind, da sie so “schwer” sind.
Um produktiver zu werden, kommen wir meistens nicht daran vorbei, die wirklich unschönen Aufgaben in Angriff zu nehmen.
3 konkrete & funktionierende Tipps gegen Aufschieberitis
Nehmen wir das einführende Beispiel der bald anstehenden Mathematikklausur her.
Je nachdem, was du für Interessen hast, enthält dieses Vorhaben vermutlich ein paar – wenn nicht sogar alle – der 6 erwähnten Prokrastinationsauslöser.
Kurz gesagt: Die Vorbereitung auf diese Prüfung ist prädestiniert dafür, aufgeschoben zu werden.
Wenn die Alternative in einer ganz, ganz kurzen Folge deiner Lieblingsserie besteht, wird dir die „richtige“ Entscheidung ziemlich schwer fallen.
Doch verzage nicht!
Es gibt ein paar einfache und konkrete Taktiken, durch die sich unser David gegen Goliath rüsten und schließlich auch gewinnen kann:
1. Erhöhe den Sex-Appeal deines Vorhabens
Einer der besten Wege eine mühsame Aufgabe in Angriff zu nehmen, ist es, sie “sexy” zu gestalten. Je näher die Prüfungsvorbereitung dem Vergnügen deiner Lieblingsserie kommt, desto wahrscheinlicher ist es, dass du sie auch wirklich anpackst.
Ermittle daher zunächst alle deiner Prokrastinationsauslöser und gehe möglichst gegen jeden einzelnen davon vor.
In unserem Beispiel mit der Matheklausur könntest du etwa folgendes tun:
- Um die Prüfungsvorbereitung interessanter zu gestalten, könntest du dir beispielsweise ein Gummibärchen pro gelöster Aufgabe oder gelesener/verstandener Seite gönnen. Alternativ: zeichne kleine, veranschaulichende Bilder. Ich hatte stets ein weißes Blatt Papier parat, um Langeweile mit Visualisierung und lustigen Bildchen zu bekämpfen.
- Um die die Aufgabe weniger frustrierend zu machen, könntest du dir vornehmen, jeweils nach 10 erfolglosen Minuten zu einer anderen Aufgabe zu wechseln und dich später noch einmal daran zu versuchen.
- Um die Aufgabe leichter zu machen, solltest du dir zunächst das Big Picture anschauen. Nimm dir 2–3 Stunden um den kompletten Stoff in einer großen Mind-Map zu visualisieren und ermittle, ob dir bestimmtes Vorwissen fehlt. Falls ja, fülle zunächst die Lücken.
- Um die Vorbereitung strukturierter zu machen, kannst du dir einen Lernplan erstellen. Setze Time-Boxes in deinen Kalender und definiere bis wann du grob mit welchem Kapitel durch sein möchtest. Solange du es schaffst deinen Zeitplan einzuhalten, belohne dich hin und wieder mit einer kleinen Auszeit.
- Um der Vorbereitung eine gewisse Bedeutung zu geben überlege dir, in welchen zukünftigen Vorlesungen du von dem neuen Wissen profitieren kannst oder alternativ: versuche die Vorlesung als einen wichtigen Meilenstein auf deinem Weg zum Bachelor- oder Mastertitel anzusehen.
- Um eine intrinsische Belohnung zu schaffen, könntest du dir vornehmen, pro gelöster/verstandener Aufgabe oder pro investierter 30 Minuten 3 Euro in eine “Belohnungskasse” zu legen. Nach der Klausur kaufst du dir davon etwas Schönes.
Lass deiner Kreativität freien Lauf! Dir sind keine Grenzen gesetzt. Nutze jegliche Art die anstehende Aufgabe “sexy” zu machen und verhilf David zum Sieg!
2. Verpflichte dich nur zu 10 Minuten (10 Minuten Technik)
Manchmal erscheinen Aufgaben unattraktiver als sie eigentlich sind.
Der einzige Weg um herauszufinden wie “(wenig) sexy” eine Aufgabe wirklich ist, ist es die Aufgabe anzugehen.
Daher kann es helfen, wenn du dich bei einer vermeintlich unattraktiven Aufgabe nur zu 10 Minuten verpflichtest. Stell dir einen Handyalarm und wenn er runter geht entscheide, ob du gerade wirklich nicht an dieser Aufgabe arbeiten willst.
Verblüffend wirst du feststellen, dass du in den vielen Fällen bereits nach 10 Minuten “Fahrt aufgenommen” hast und die „Aufschieberei“ völlig grundlos war.
3. Führe eine Prokrastinationsliste
Eine Aufgabe aufzuschieben muss nicht zwangsläufig damit einhergehen, unproduktiv zu sein.
Wenn deine Wochen- und Tagesplanung flexibel und doch strukturiert genug ist, kannst du einfach auf andere High Impact Tasks ausweichen!
Das heißt: Jedes Mal wenn du kurz davor bist zu prokrastinieren, prokrastiniere!
Aber statt dabei Facebook oder Instagram zu checken, arbeite einfach an einer anderen, wichtigen Aufgabe weiter, auf die du gerade mehr Lust hast.
Im Falle der Mathematikklausur: Überspringe einzelne Kapitel und Aufgaben, falls angebracht. Blende Kapitel, die du partout nicht verstehst zunächst einmal aus und verschiebe sie ganz ans Ende deiner Vorbereitung.
Planung ist essentiell um dich vor Prokrastination zu schützen. Wenn du zu jeder Zeit deinen Pool an High Impact Tasks kennst, kannst du “produktiv prokrastinieren”!
Eine Alternative ist, dir bei der Planung hinter jeder Aufgabe die Auswirkungen des etwaigen Aufschiebens zu vermerken. Die Visualisierung deiner “Prokrastinationskosten” kann den entscheidenden Vorteil für David liefern.
Einige dieser Taktiken haben mir in meinem Studium gute Dienste geleistet. Ich bin davon überzeugt, dass sie alle funktionieren. Jedoch vermutlich nicht für jeden im gleichen Ausmaß. Teste daher alle einmal aus und schau welche für dich am Besten funktionieren.
Zuletzt gilt es noch einen wichtigen Punkt anzumerken:
Sometimes procrastination is just a symptom that your life just doesn’t match what you are interested in and… maybe you should do something else”
– Tim Pychyl
Falls du dich in deinem Leben oder Studium unglaublich oft mit Prokrastination konfrontiert siehst, ist es vielleicht an der Zeit eine größere Änderung vorzunehmen.
Ein bisschen Prokrastination ist nur menschlich und keinerlei Grund zur Sorge. Falls du aber permanent unmotiviert bist und alle deine Aufgaben unattraktiv erscheinen, solltest du den Gedanken eines anderen Studiums keinesfalls ausschlagen.
Einfach produktiver werden
Über die letzten paar Artikel haben wir gesehen, dass ein paar wenige, große Hebel unglaublich viel bewirken können.
Schon allein die Tatsache die richtigen Aufgaben anzupacken kann uns deutlich produktiver machen als unsere Mitmenschen, die jahrelang auf Autopilot in die falsche Richtung driften.
Die richtigen Aufgaben hängen dabei immer mit den tief in uns wohnenden Zielen zusammen. Eine klare und doch flexible Struktur auf Tages- und Wochenebene kann uns daher helfen, permanent auf dem richtigen Kurs zu bleiben.
Wenn wir zusätzlich wissen, wie wir unseren ganz persönlichen Tagesrhythmus nutzen und ein paar Strategien gegen Prokrastination im Petto haben, sind wir bestens ausgerüstet um produktiv zu sein.
Letztlich kommt es im Leben doch darauf an mehr Zeit für die wichtigen Dinge zu haben.
Und diese großen – und nur die großen – Hebel der Produktivität helfen uns dabei!
Die komplette Artikelserie wurde durch das Buch The Productivity Project inspiriert. Wenn dir daher einer oder mehrere der letzten Artikel gefallen habe, hol dir dein Exemplar. Es liefert noch deutlich mehr interessante Ansätze zu Produktivität durch Schlaf, Sport, Meditation, Konzentration und vielem mehr.
Uberstrategie - Mache jetzt deinen ersten Schritt
- Ermittle ein bis drei aktuell wichtige Aufgabe in deinem Leben, die du vor dir herschiebst und schreibe sie nieder (so formulierst du deine Prokrastinationsliste).
- Prüfe, für jede deiner niedergeschriebenen Aufgaben, welche der sechs Prokrastinationsauslöser auf sie zutreffen:
- Ist sie langweilig?
- Ist sie besonders frustrierend?
- Ist sie kompliziert oder gar komplex?
- Ist sie unstrukturiert?
- Hat sie keine wirkliche Bedeutung für dein Leben?
- Liefert sie dir keine intrinsische Belohnung?
- Überlege dir nun für jeden der zutreffenden Auslöser, wie du ihn bekämpfen kannst. Hier ein paar Anregungen und Tipps um deine Aufgaben “sexy” zu machen:
- Gegen langweilige Aufgaben:
- Belohnungsstrategien (z.B. Belohnungskasse in der du Geld sammelst oder sofortige Belohnung wie etwa ein Gummibärchen pro gelöster Aufgabe / gelesener Seite).
- Konzentrationsmusik um in Flow zu gelangen.
- Jegliche Art von Visualisierungen.
- Wechsle an einen anderen Ort (gehe in einen Park oder ein Kaffee).
- Gegen Frustration:
- Nutze die 10 Minuten Taktik und wechsle nach 10 erfolglosen Minuten zu einer anderen Aufgabe.
- Setz dich in ein Kaffee und gibt deiner Arbeit 30 Minuten. Falls du danach nicht in Fahrt bist, brich ab.
- Gönn dir etwas Schokolade oder einen Kaffee nebenher 😉
- Gegen Komplexität:
- Ermittle deine Wissenslücken und die Schritte, um diese zu füllen.
- Visualisierung des Big Picture in einer Mind-Map.
- Gehe die Aufgabe in deiner Biological Prime Time an.
- Für mehr Struktur:
- Konkrete Planung (z.B. mit Time-Boxing) der nächsten Schritte und deren Reihenfolge (z.B. Lernplan in der Klausurphase).
- Fehlende Bedeutung:
- Versuche die Aufgaben als Teil eines größeren Ganzen zu sehen und ihr so einen Sinn zu geben.
- Eröffne eine Belohnungskasse und liste auf für welche dir wichtigen Dinge du das gesammelte Geld ausgeben wirst.
- Fehlende Belohnung:
- Eröffne eine Belohnungskasse ähnlich zu 1, von der du dir nach Abschluss der Aufgabe etwas schönes kaufst.
- Gegen langweilige Aufgaben:
- Verpflichte dich jetzt gleich dazu, an deinem nächsten “Arbeitstag” zumindest 10 Minuten an dieser unattraktiven Aufgabe zu arbeiten (10 Minuten Technik).
- Falls dir das alles nicht hilft, überlege dir ob es andere Wege geben könnte, deine Aufgaben in irgendeiner Art attraktiver zu machen. Falls nicht, prüfe, ob die Aufgaben wirklich wichtig für dich persönlich oder dein Studium / deinen Beruf sind, oder ob es eventuell Zeit für eine größere Änderung in deinem Leben ist.
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