Versetze dich mal kurz in folgende Situation: Du hast die letzten Monate echt hart geschuftet und deswegen auf Freizeit und Hobbys verzichtet. Auch deine sportliche Betätigung hat darunter gelitten. Am Bauch hat sich ein kleiner, nicht ganz zu verachtender Speckansatz gebildet und dein Rücken schmerzt aufgrund der sitzenden Arbeit und dem Bewegungsmangel.
Kommt dir das vielleicht in Ansätzen bekannt vor? Falls ja, dann kennst du auch den zweiten Teil der Geschichte: Eines (melancholischen) Abends realisierst du die Situation in ihrem vollen Umfang. Es macht dich unzufrieden mit dir selbst und du beschließt, gleich am nächsten Morgen Laufen zu gehen um alles wieder in gerade Bahnen zu lenken. Klingt nach einer logischen Kausalität: Ich gehe morgen laufen, gleiche dadurch meinen Bewegungsmangel aus, nehme wieder ab und investiere nachhaltig in meine Gesundheit. Also: Gleich morgen eine Stunde früher den Wecker stellen und Sport treiben.
Der nächste Morgen erwacht, dein Wecker klingelt und was machst du? Du drückst mehrfach die Snooze-Taste oder stellst den Wecker um eine Stunde nach hinten! Denn du bist doch noch so müde und im Bett ist es gerade noch so warm und kuschelig. Deswegen fällt das Laufen für heute erst einmal aus und du schläfst weiter. Was ist hier schiefgelaufen?
Die Theorie (und was Elefant und Reiter damit zu tun haben)
Zur Erklärung dieses Phänomens bedienen wir uns der Metapher von Elefant und Reiter, die von Jonathan Haidt in seinem Buch The Happiness Hypothesis entwickelt wurde. Man stelle sich also einen riesigen Elefanten vor, auf dem ein kleiner Reiter sitzt (siehe Artikelbild).
Das Bild des Elefanten steht hierbei für das limbische System in unserem Gehirn, also der Teil, der für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist. Vieles in dieser Gehirnregion geschieht vollständig automatisiert, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen oder steuern können.
Nehmen wir als Beispiel ein Experiment aus dem Jahre 1996: Die Teilnehmer in diesem Experiment wurden angewiesen eine Aufgabe am Computer zu erledigen. Während dieser Aufgabe wurde ihnen unterbewusst – das heißt für wenige hundertstel Sekunden – ein Bild eingeblendet, welches bewusst nicht wahrgenommen werden konnte. Das Ergebnis der Studie: Die unterbewusste Wahrnehmung der Bilder hat das Verhalten der Teilnehmer am Ende der Studie messbar beeinflusst. 1
Den Fans von Die Simpsons mag das vielleicht bekannt vorkommen, den genau diese Thematik wurde in der Episode „New Kids on the Blecch“ aufgegriffen:
Der Reiter steht im Gegensatz zum Elefanten für den Neocortex in unserem Gehirn, welcher vor allem für unsere Logik verantwortlich ist. Man nennt diesen Teil auch das kontrollierende System, weil wir es bewusst steuern können.
Nun kommt das tückische: Der Reiter kann den Elefanten zwar prinzipiell steuern, aber nur so lange, wie der Reiter die nötige Energie hat. Ist der Reiter erschöpft, übernimmt der Elefant die Kontrolle. Der Elefant übernimmt leider auch immer dann die Kontrolle, wenn er etwas unbedingt will. Sofern der Elefant nämlich in eine Richtung steuert, hat der Reiter dem wenig entgegen zu setzen. 2
Um sich nun die “Übermächtigkeit” des Elefanten (unserer Emotionen) erklären zu können, muss man einen Blick in die Vergangenheit werfen. Das limbische System (Elefant) entwickelte sich mit den ersten Säugetieren und somit vor mehreren hunderten Millionen Jahren. Der Neocortex (Reiter) entwickelte sich jedoch erst, als die ersten Primaten das Licht der Welt erblickten und die Dinosaurier schon ausgestorben waren.
Nun versucht diese neu entwickelte Gehirnregion (der Reiter) aber die Kontrolle zu übernehmen, was bisher nur zum Teil gelingt. Diese “Übernahme der Kontrolle” wird auch als Promethean Script (angelehnt an Prometheus der den Menschen Feuer (=Rationalität) gab) bezeichnet. Denn auch die Menschen damals konnten mit dem Feuer nicht umgehen, genauso wie wir in der heutigen Zeit noch nicht richtig mit der Gehirnregion des Neocortex und somit mit unserem Reiter umgehen können. 3
Das bedeutet im Ergebnis: Der Elefant (Limbisches System) hat sich über sehr lange Zeit entwickelt und ist mittlerweile eine sehr stabile und ausgereifte Software im menschlichen Gehirn. Der Reiter (Neocortex) hingegen steht erst in der Version 1.0 zur Verfügung und hat entsprechend noch zahlreiche Bugs. Das ist auch der ausschlaggebende Grund, warum der Reiter stets dem Elefanten dient und nicht umgekehrt.
Die Theorie in der Praxis – Überzeuge den Elefanten
Jetzt aber genug mit der (langweiligen) Theorie. Wie kannst du dieses Wissen nun konkret für dich nutzen? Und wie hängt es mit dem Beispiel am Anfang des Artikels zusammen?
Fakt ist, der Reiter kann den Elefanten nur bis zu einem gewissen Maß steuern. Fakt ist auch, wenn der Elefant etwas will (z.B. im Bett liegen bleiben), dann bekommt er es in den allermeisten Fällen auch. Wie kannst du nun dem armen Reiter helfen?
Du musst den Elefanten davon überzeugen, dass der Weg der Reiters der richtige ist. Beide müssen in die gleiche Bahn gelenkt werden. Um das zu erreichen, musst du beim Elefanten mit Emotionen arbeiten, denn das ist die einzige Sprache, die der Elefant spricht.
Nachfolgend ein Vorgehen, wie der Reiter deinen Elefanten von den festgelegten Zielen überzeugen kann:
1. Identifiziere deine Motivation
Was motiviert dich am nächsten Morgen aufzustehen um Sport zu treiben? Ist es die Angst davor, im Alter gesundheitliche Probleme zu haben? Ist es das Schamgefühl in der Badehose oder im Bikini dick auszusehen? Oder ist es der Ansporn dein Selbstbewusstsein zu stärken um im Beruf und Privaten mehr zu erreichen?
2. Visualisiere deine Motivation
Im Schritt zwei arbeitest du mit Bildern. Suche dir je nach Motivation ein passendes Bild (oder auch einen Gegenstand) und hänge es in deinem Zimmer auf. Es sollte in deiner unmittelbaren Sichtweite sein. So kannst du es ständig sehen. Vor allem auch dann, wenn du es am dringendsten benötigst: nämlich früh morgens wenn der Wecker klingelt.
Beispiel gefällig? Du möchtest am Morgen zum Laufen aufbrechen, weil du wegen deinem Körpergewicht ständig unzufrieden bist? Hänge dir ein (halbnacktes) Bild von dir selbst direkt vor dein Bett. Auf dem Bild sollte für dich klar erkennbar sein, dass du zum Beispiel unbedingt abnehmen willst. Wenn du morgens aufwachst und das Bild siehst, dann wirst du sofortige Unzufriedenheit und einen Änderungswillen verspüren (Elefant) und die Sportschuhe dem kuscheligen Bett vorziehen. Alternativ kannst du auch ein Bild deines Wunschkörpers aufhängen (dein Ziel), falls das deine Emotionen besser anspricht.
3. Erstelle einen Plan und kommuniziere ihn
Im letzten Schritt machst du dir einen genauen Plan, wie du dein Ziel erreichen möchtest. Du hast geplant dreimal die Woche am Morgen Laufen zu gehen? Trage diese Termine fest in deinen Kalender ein.
Das aller wichtigste dabei: Teile dein Vorhaben mit Freunden und Unterstützern. Soziale Medien sind dafür bestens geeignet, sofern das für dich persönlich in Frage kommt. Veröffentliche beispielsweise dein Vorhaben auf Facebook und poste regelmäßig Statusupdates.
Falls du das nicht möchtest (so wie beispielsweise ich), habe ich mit privaten Trainingsgruppen eine super Erfahrung gemacht. Im Dezember 2014 eröffnete ich mit dem heutigen Ubermind Team einen “Trainings-Chat”. Das war eine ganz simple Gruppenkonversation bei Facebook. Mithilfe dieses Chats haben wir uns gegenseitig bei der Erreichung unserer sportlichen Ziele unterstützt und motiviert. Im Ergebnis habe alle über ein Jahr hinweg regelmäßig (mehrmals die Woche) unabhängig voneinander mit ihrem eigenen Körpergewicht (Freeletics) trainiert.
Fazit
Da du jetzt mit der Metapher von Elefant und Reiter bewaffnet bist, hast du ein grundlegendes Werkzeug an der Hand, das dir dabei hilft deine Ziele in Zukunft leichter zu erreichen. Denn nur wenn du Reiter und Elefant in Einklang bringst, kannst du wahre Veränderung erreichen!
Du hast es geschafft den Elefanten von deinen Zielen zu überzeugen? Ich bin gespannt von dir zu hören, wie du das konkret gemacht hast.
[…] Ubermind (2016). Von Elefanten und Reitern (und wie sie dein Leben beeinflussen) […]